Tierärztliche Hochschule Hannover, (1) Niedersächsisches Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung (NIFE); (2) Reproduktionsmedizinische Einheit der Kliniken
Arbeitsgruppe Biostabilisierung
Schwerpunkte der Arbeitsgruppe Biostabilisierung
Der Schwerpunkt der Gruppe liegt auf der Entwicklung von Konservierungstechnologien für Blut, Zellen, Gewebe und Körperflüssigkeiten für Krankheitsdiagnostik, Therapien, genetische Feldstudien und genetische Reserven. Um biologische Proben für die zukünftige Verwendung verfügbar zu haben, müssen sie aufbewahrt und gelagert werden, was normalerweise bei extrem niedrigen Temperaturen erfolgt. Die kryogene Lagerung beruht sowohl während der Lagerung als auch während des Transports zur Klinik oder zum Einsatzort auf einer komplexen Kühlkettenlogistik. Alternativ können Proben getrocknet werden, so dass sie bei Raumtemperatur gelagert werden können. Dies reduziert die Probleme bei der Lagerung und dem Transport erheblich und kann in unterentwickelten Ländern und außerhalb des Labors umgesetzt werden. Es müssen maßgeschneiderte Konservierungsmethoden festgelegt werden, um die Verfügbarkeit in akuten Situationen sicherzustellen und den interkontinentalen Transport zu ermöglichen.
Die Forschungsschwerpunkte der Gruppe beinhalten:
Zellkonservierungstechnologie
Der erste und schwierigste Schritt sowohl bei der Kryokonservierung als auch bei der Trockenkonservierung von Zellen besteht darin, eine ausreichende und zugleich nicht-toxische Menge an Schutzmitteln in die Zelle einzubringen. Membranen bilden eine Diffusionsbarriere, durch die ein osmotisches Ungleichgewicht erzeugt wird und Zellverformungsverletzungen verursacht werden, sobald die Zellen in eine Lösung, die Schutzmoleküle enthält, eingebracht werden. Wir haben Methoden etabliert, um Zellen mit Schutzmitteln zu beladen, bei welchen die osmotischen Toleranzgrenzen der Zelle basierend auf experimentellen Beobachtungen berücksichtigt werden. Experimentelle Beobachtungen von Zellen während der Beladung mit Kryoprotektiva werden durch mathematische Modelle (analytische sowie Finite-Elemente-Methoden) unterstützt. Mit Hilfe dieser Modelle lassen sich Vorhersagen treffen wieviel Zeit zum Beladen der Zellen mit Schutzmitteln benötigt wird, und wie groß die dabei auf die Zelle einwirkende Verformungsspannung ist. Anwendungen bei welchen die Kryokonservierung eingesetzt wird umfassen Blut, männliche und weibliche Gameten, und Stammzellen. Gefriergetrocknetes Blut wird für die Transfusionsmedizin verwendet. Gefriergetrocknete Spermien und Körperzellen werden für die künstliche Befruchtung und das Genom-Reserve-Banking eingesetzt.
Gewebekonservierungstechnologie
Die derzeitigen Methoden zur Gewebekonservierung sind durch die Größe und die Abmessungen des Gewebes begrenzt, was zu Einschränkungen bei der Wärme- und Stoffübertragung führt. Je größer eine Probe ist, desto schwieriger ist es, die gleiche Abkühlrate an verschiedenen Positionen innerhalb der Probe zu erreichen. Darüber hinaus dauert das Einbringen von Schutzmolekülen mit zunehmender Objektgröße länger, was zu Toxizitätseffekten führen kann, wenn der Ladevorgang zu lange dauert. Wir haben spektroskopische Methoden entwickelt, um die Diffusion von Schutzmolekülen in das Gewebe zu untersuchen und können mit Hilfe von Massentransportmodellen die entsprechenden Diffusionskonstanten ableiten. Diese Erkenntnisse werden verwendet, um Gewebe mit ausreichenden Mengen an Schutzmolekülen für die Kryokonservierung oder für die Gefriertrocknung zu beladen. Zu den Anwendungen gehören kryokonserviertes Ovarialgewebe, gefriergetrocknete Herzklappen und Perikard-Patche.
Liposomenverkapselungs- und -stabilisierungstechnologie
Liposomen sind Nanopartikel aus natürlichen Phospholipiden, die als Vehikel für die Abgabe von Arzneimitteln oder Impfstoffen verwendet werden können. Die Herstellung und Einkapselung der Liposomen erfolgt mithilfe der Extrusionstechnologie und wird mit der Zugabe von Schutzmitteln kombiniert, die entweder eine kryogene oder eine getrocknete Lagerung ermöglichen. Wir untersuchen die biophysikalischen Eigenschaften von Liposomen in Konservierungsformulierungen, einschließlich des Membranphasenverhaltens der Liposomen und der Enthalpie-Relaxationsphänomene unterhalb der Glasübergangstemperatur und ihrer Beziehung zur Stabilität der Probenlagerung.
Nicht-invasive Spektroskopie
Die Fourier-Transformations-Infrarotspektroskopie (FTIR) wird verwendet, um die Auswirkungen des Erhitzens, Einfrierens und / oder Trocknens auf Biomoleküle (Lipide, Proteine und DNA) in Zellen und Geweben zu identifizieren. FTIR wird mit Hauptkomponentenanalyse- (PCA) und maschinellen Lernansätzen kombiniert, um oxidative Schäden in kryokonservierten und getrockneten Proben zur Qualitätssicherung während der Lagerung zu bewerten. Darüber hinaus wird FTIR in Kombination mit maschinellem Lernen zur Klassifizierung von Bakterien in Biofilmen verwendet.
Weiterführende Literatur und Publikationskennungen
Wolkers WF, Oldenhof H (eds), Cryopreservation and freeze-drying protocols 4th ed, Methods in Molecular Biology 2180 (2021), Humana Press, New York, 703 pp, ISBN 978-1-0716-0782-4.
https://orcid.org/0000-0002-7406-4651
https://scholar.google.de/citations?user=j3Rna5oAAAAJ&hl=de
Kontakt
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Willem F. Wolkers
E-Mail: willem.frederik.wolkers@tiho-hannover.de
https://nife-hannover.de/ags/biostabilisierung/
https://www.tiho-hannover.de/kliniken-institute/kliniken/reproduktionsmedizinische-einheit-der-kliniken/arbeitsgruppen/ag-biostabilisierung-prof-wolkers
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