Was ist eine Biobank? Was ist Kryobanking?

Als Biobank bezeichnet man eine systematische Sammlung von biologischem Material, welche mit materialspezifischen Informationen verknüpft ist. Die Lagerung erfolgt – in Abhängigkeit vom einzulagernden Material – nach unterschiedlichen Methoden und bei unterschiedlichen Temperaturen. Bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt von Wasser (Wasser ist der Hauptanteil allen biologischen Materials) spricht man von Kryobanking. 

Ziel dieser Lagermethode ist es, biologisches Material bei einer Temperatur unter dem Rekristallisationspunkt von Wasser zu lagern. Dieser Punkt liegt wegen der besonderen Molekülform des Wassers bei einem Druck von 1 bar bei ca. -130 °C.

Bei dieser Temperatur und darunter kommt es zu keiner Molekülbewegung mehr, die mit Energiefreigabe, also Temperaturschwankungen verbunden wären. Solche Schwankungen müssen für eine stabile Lagerung unbedingt verhindert werden.

Im Bereich zwischen -25 °C und -130 °C kommt es zu Rekristallisationsprozessen, wobei sich große Eisdomänen auf Kosten kleinerer Eiskristalle bilden, was von biologischen Materialien nur schlecht toleriert wird, da dies zu partiellen Schädigungen führt. Je niedriger die Temperatur, umso langsamer läuft die Rekristallisation ab. Der Rekristallisationspunkt, also die Temperatur, ab der Schäden durch Rekristallisation als unwahrscheinlich eingestuft werden, beträgt in Anwesenheit von einem geeigneten Gefrierschutzmittel/Kryoprotektivum, z.B. Dimethylsulfoxid (DMSO) sogar nur ca. -115 °C.
Temperaturen unterhalb des Rekristallisationsprozesses erlauben deshalb quasi eine zeitlich unbeschränkte Langzeitlagerung biologischen Materials.

Zur Sicherstellung der erforderlichen Lagertemperatur werden den Anforderungen und Gegebenheiten entsprechend unterschiedliche technische Umsetzungsmethoden herangezogen. Diese reichen z.B. über den Betrieb eines elektrisch betriebenen Ultratiefkühlers bis zum Einsatz von Stickstofftanks, in denen in der Gas- oder der Flüssigphase gelagert werden kann.

Die Bedeutung und Kapazität der Kryokonservierung wurde 1991 in einem völlig anderen Zusammenhang verdeutlicht: Mit der Entdeckung des 5400 Jahre alten „Ötzi“ in einem Gletscher in den Ötztaler Alpen wurde natürlich kein Steinzeitmensch zum Leben erweckt, es konnten aber durch die Lagerung  der Mumie unter trockenen, sauerstoffarmen, Tiefkühlbedingungen enorme wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden.

Als “biologisches Material” gilt generell jedes Material, das genetische Informationen enthält und sich selbst reproduzieren oder in einem biologischen System reproduziert werden kann. Als allgemein bekannte Beispiele gelten Zellen, Gewebe oder Organe menschlichen, tierischen und pflanzlichen Ursprungs, oder etwa Pilze, Bakterien oder Viren.
Im weiteren Sinne ist unter biologischem Material jedoch auch Material zu verstehen, welches keine genetische Information enthält, wie z.B. azelluläre Gewebe, Sekrete, Antikörper oder sonstige Proteinstrukturen, ebenso wie Material, das von Lebewesen zur weiteren Untersuchung entnommen wurde.

Die stabile, langfristige Lagerung von biologischem Material gehört zu den Grundlagen der biologischen, medizinischen, biochemischen und biophysikalischen Forschung und Entwicklung. Doch erst die Kryokonservierung macht es möglich, die lebendige Natur des Materials so zu bewahren, dass es entweder nach Jahren und Jahrzehnten wieder aufgetaut und – im wahrsten Sinne des Wortes – zum Leben erweckt, also revitalisiert werden kann bzw. seine ursprünglichen Eigenschaften behalten hat.

Unersetzlich sind Kryobanken deshalb z.B. für folgende Bereiche:

  • Reproduktionsmedizin
  • Landwirtschaft und landwirtschaftliche Forschung, für die Erhaltung alter Obstsorten (Erdbeere, Apfel), landwirtschaftlich genutzte Arten (Kartoffel, Knoblauch) und für die Züchtung neuer Sorten, die unsere zukünftige Ernährung nachhaltig sichern können.
  • Medizinische Forschung und Behandlung, insbesondere in den Bereichen Onkologie (Krebserkrankungen), Virologie und Bakteriologie (Infektionen) oder der regenerativen Medizin, wie z.B. die Entwicklung oder Unterstützung von Geweben oder Organen aus Quellen zellulären Ursprungs.
  • Umweltschutz und Artenschutz, insbesondere durch die Bewahrung biologischer Ressourcen für zukünftige Generationen
  • Grundlagenforschung, z.B. der Mausgenetik. Es werden u.a. genetisch veränderte embryonale Stammzellen der Maus (ES-Zellen) oder auch Maus-Embryonen in frühen Entwicklungsstadien und Sperma eingefroren um Mausmodelle (u.a. Modelle humaner Krankheiten) zu generieren und diese zu phänotypisieren und auch um diese stabil zu erhalten. Ein wichtiger Aspekt dabei ist auch die Möglichkeit, kryokonservierte Proben relativ einfach zu versenden, was einem Transport von lebenden Tieren deutlich vorzuziehen ist.
  • Forschung mit Viren und Bakterien.

Der Name leitet sich vom altgriechischen Wort κρυος (kryos, kalt), und vom lateinischen Wort conservare (erhalten) ab.

Grundsätzlich besteht eine Kryobank im einfachsten Fall aus einem Kryobehälter, dem darin gelagerten biologischen Material, welches mit weiteren spezifischen Metadaten verknüpft ist. Eine geeignete Kühleinrichtung stellt sicher, dass stets eine den Anforderungen entsprechende und vordefinierte Lagerungstemperatur gewährleistet werden kann. Je nach geltenden regulatorischen Anforderungen, kommen technische Überwachungssysteme wie z. B: Zugangskontrolle oder etwa Temperaturmonitoringsysteme, Ausfall- und Backupsysteme hinzu. Je nach Zweck, Größe und Ausstattung verfügen Kryobanken auch über eigene präparative und analytische Laboratorien zur Vor- und Aufbereitung sowie Untersuchung des gelagerten Materials.

Mit Hilfe der Kryokonservierung ist es möglich, die Vitalität und Qualität von Zellen, Geweben und Gewebeverbänden nahezu unbegrenzt aufrechtzuerhalten. Dabei werden diese in einer Art Kältestarre erhalten, in der die Stoffwechselvorgänge zum Stillstand kommen. Nach dem Auftauen von z. B. lebendigen Zellsuspensionen (häufig ein komplizierter Prozess, den man Revitalisierung nennt) können sie meistens ihre normalen physiologischen Prozesse wieder aufnehmen, zumindest sind sie aber so erhalten, dass die ursprünglichen Eigenschaften noch vorhanden sind.

Es gibt verschiedene Techniken, um Materialien zu kryokonservieren. Die Wahl der Methode hängt auch von Art und Herkunft des zu kryokonservierenden Materials ab.
Um einzelne Zellen, kleine Organe, Gewebe bzw. Organismen lebend zu konservieren, wird dem Material prinzipiell Wasser entzogen. Dies geschieht durch Zugabe eines Gefrierschutzmittels. Sodann wird das Material so schnell eingefroren, dass das darin enthaltene Wasser – selbst auf dieser mikroskopischen Ebene – nur winzige Eiskristalle bildet bzw. die Zellflüssigkeit vitrifiziert (verglast). Bei größeren, mehrzelligen Organismen ist der Wasserentzug häufig schädigend und der Einfriervorgang erfolgt sehr ungleichmäßig, so dass sich im Kern der Probe Eiskristalle bilden, die so groß werden, dass sie die Zellmembranen durchbrechen und damit irreparabel zerstören. Das kennt jeder, der schon einmal Erdbeeren aus der Tiefkühltruhe aufgetaut hat: Die Früchte sind weich und matschig.

Mit anderen Techniken wird den zu kryokonservierenden Zellen langsam das Wasser entzogen, das geschieht durch osmotische Kräfte in den bei sinkenden Temperaturen zunächst teilweise kristallisierten Proben. Diese Proben sind unterhalb von -140°C extrem stabil.

Bei der Kryokonservierung größerer Organe und Organismen kommt es bis heute zu irreparablen Schäden. Von der in zahlreichen Science Fiction Filmen thematisierten Idee des „Tiefkühlschlafs“ als Reisemöglichkeit in ferne Galaxien oder als Überlebensweg in eine bessere Zukunft sind wir noch sehr weit entfernt.

Will man Proben kryokonservieren, die sich nach der Revitalisierung wieder zu kompletten Lebewesen entwickeln können (häufig Präimplantationsembryonen, also Eileiterstadien, Eizellen oder Spermien), so müssen diese vital sein und in einem komplexen Verfahren dehydriert und kryokonserviert werden. Dabei ist es vorteilhaft, möglichst junges Gewebe und Zellen einzufrieren, die eine höhere Vermehrungsrate besitzen. Das Ziel ist es, die zurzeit herrschende Begrenzung in der Vitalität und Funktionalität nach einer Kryokonservierung zu verbessern. Die Annahme, man könne tote Körper kryokonservieren und zu einem späteren Zeitpunkt wieder zum Leben erwecken, ist völlig abwegig.